Osteoporose,
zu deutsch "brüchige Knochen durch Knochensubstanzabbau", ist so alt
wie die Menschheit: in den Bildern klassischer Maler sieht man die gebeugten
alten Frauen mit hängenden Schultern und runden Rücken. Man spürt förmlich
ihre Schmerzen beim Gehen, Sitzen und Stehen.
Es
gilt: je älter, desto häufiger Osteoporose. Neu ist, daß sich diese
Erkrankung in den Wohlstandsländern rasch ausbreitet. Bei Männern kannte man
die Osteoporose bis vor kurzem überhaupt nicht. Überraschend ist also, daß
immer mehr Männer Osteoporose bekommen. Überraschend auch, daß Patienten mit
Osteoporose beiderlei Geschlechts immer jünger werden.
Zu unterscheiden von der Osteoporose ist die Vorstufe, die Osteopenie,
d.h. Mangel an Knochensubstanz noch ohne Knochenbruch.
Einfachstes und sicherstes Zeichen einer
manifesten, also bereits bestehenden Osteoporose ist eine Abnahme der
Körpergröße um 4cm. Dieses Zeichen ist aussagekräftig und
sicher.
Vermutet werden kann die Osteoporose allerdings
schon ab 2cm Größenabnahme.
Objektiviert wird die Osteoporose durch die
Knochendichtemessung bzw. anhand von Osteoporose-bedingten Knochenbrüchen im
Röntgenbild.
Versuchen wir, die wichtigsten Ursachen der
Osteoporose zu verstehen: Rachitis, eine durch Sonnenlichtmangel (= UV-Lichtmangel) hervorgerufene
Vitamin-D-Mangelkrankheit, ist seit der industriellen Revolution in England als
englische Krankheit bekannt geworden. Damals mußten Kinder während des Tages
unter Tage arbeiten, sahen also kaum die Sonne und erkrankten dadurch an
Knochenerweichung.
Sonnenlicht erlaubt unserem Körper, in der Haut ausreichend Vitamin D zu
bilden. Vitamin D seinerseits hilft dem Körper, aus unserem Darm das für den
Knochenbau wichtige Kalzium aufzunehmen.
Fehlt Vitamin D oder Kalzium oder beides in unserer Nahrung, kommt es zur
Knochenerweichung und Knochenverformung.
Vitamin-D-Mangel tritt häufig bei Älteren und bei Menschen mit
Magen-Darmerkrankungen auf (Aufnahmestörung von Vitamin D aus dem Darm). Hinzu
kommt, daß über 70jährige nur noch einenen Bruchteil des Vitamin-D-Bedarfs in
ihrer Haut produzieren können. Weitere, erst in jüngster Zeit bekannt
gewordene Eigenschaften von Vitamin D sind die Verhinderung
häufiger Stürzen im Alter durch positive Beeinflussung der Muskulatur. Und Vitamin-D-Mangel scheint die Entstehung von Zuckerkrankheit
(Diabetes mellitus) und sogar Krebskrankheiten (Blasen-, Brust-, Darm-,
Gebärmutter-, Eierstocks-, Speiseröhren- und Magenkrebs) zu
begünstigen.
Abnahme der Vitamin-D-Produktion mit dem Alter (aus: Der Allgemeinarzt
3/2005)
Eine englische Untersuchung zeigt, daß Frauen
muslimischen Glaubens, die wegen ihrer traditionellen Kleidung sowieso wenig
Sonnenlicht bekommen, im lichtarmen England sehr stark unter Vitamin-D-Mangel und
auch unter Osteoporose leiden.
Auch die heutige aufs Haus bezogene übliche
Lebensweise fördert Vitamin-D-Mangel und damit Kalziummangel, nämlich durch
Nichtaufnahme vorhandenen Nahrungskalziums aus dem Darm. Sie führt zu
Knochenbrüchigkeit und schlechten Zähnen, gerade bei älteren Menschen. Mitursächlich
bei Osteoporose ist also oft eine versteckte Rachitis. Der Besuch eines
Sonnenstudios schützt nach Expertenmeinung leider nicht vor Vitamin-D-Mangel! Mal ehrlich, wieviele Minuten oder Stunden pro Tag sind Sie regelmäßig
draußen? Wie lange warten Sie heute draußen?
Kalkräuber
Industrielle Genußmittel, z.B. industrielle
Limonaden und Cola-Getränke enthalten reichlich Phospate,
"Kalziumräuber", weil sie die Kalziumaufnahme aus dem Darm in den
Körper verhindern.
In Nußnougat-Cremes, Tee, Kaffee, Spinat und
Waldmeister finden sich reichlich Oxalsäuren. Auch sie binden Kalzium im
Darm, die Aufnahme in den Körper wird unmöglich.
Früher war man der Meinung, nur Frauen könnten
die Osteoporose bekommen: Durch die Beobachtung, daß diese Krankheit
normalerweise erst nach der Menopause der Frau entsteht, wenn die Produktion der
Östrogene eingeschränkt wird, lernte man, daß Geschlechtshormone (Östrogene)
eine Rolle im Knochenstoffwechsel spielen. Heute weiß man: Beide, männliche
und weibliche Geschlechtshormone haben einen stabilisierenden, aufbauenden
Einfluß auf den Knochenstoffwechsel. Da Männer ihr Geschlechtshormon
Testosteron bis ins hohe Alter produzieren und aus Testosteron die auch für
Männer für viele Stoffwechselvorgänge nötigen Östrogene
entstehen, glaubte man, Männer seien gegen Osteoporose gefeit.
Leider stimmt
diese Weisheit heute nicht mehr: Die sitzende Lebensweise macht auch Männer
muskelschwach (siehe unten). Außerdem nimmt bei Männern ab 40 die Produktion
männlicher Hormone langsam, aber stetig ab. Früher mußten Männer im Beruf
auch meist körperlich schwerer und länger arbeiten als heute, ihr Körper war
durchtrainierter.
Osteoporose fand man daher bei ihnen nie. Denn es besteht eine
enge Beziehung zwischen Beanspruchung der Knochen, zwischen Muskel- und
Knochenmasse: Viel Muskeln - viel Knochen. Diese Aussage stimmt auch heute noch!
Anders herum: Wer kaum Muskeln hat, hat auch wenig Knochenmasse. Leider gratis
dazu auch ein höheres Sterberisiko!
In Studien fiel auf, daß Menschen ärmerer
Länder selten Osteoporose bekommen. Rassische Unterschiede wurden vermutet.
Andere Studien jedoch stellten fest, daß finanziell besser Gestellte bei
gleicher Hautfarbe auch in
Entwicklungsländern leichter als Arme Osteoporose entwickeln. Warum Arme nicht?
Natürlich, sie müssen hart körperlich arbeiten, um leben zu können!
Ich
denke oft an einen damals 76jährigen, schwer arbeitenden Müllmann, den ich
während meiner Zeit in Südamerika kennenlernte: täglich schuftete er im Dorf
oder auf den Feldern des Grundbesitzers, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen,
seine vielköpfige Kinderschar und seine deutlich jüngere Frau zu ernähren. Dieser Mann hatte mit seinen 76
Jahren Muskeln und Körperform eines Athleten. Keine Spur von Bauch, nur
Waschbrett, das Bild einer griechischen Statue mit tiefbrauner Haut.
Anläßlich eines schweren
Sturzes sah ich ein Röntgenbild seiner Wirbelsäule: keine Spur von
Osteoporose, kaum andere Abnutzungserscheinungen.
Die Natur hat uns für eine
feindliche Umgebung, für das karge Leben in der Savanne vorbereitet, für viel
körperliche Bewegung: wir können mit wenig Nahrung überleben, unser Körper
ist auf extreme Sparsamkeit getrimmt. Aber er braucht Bewegung, um gesund zu
bleiben.
Die Körpermasse befindet sich in ständigem Ab- und Aufbau, die
Knochen inbegriffen! Wir können es an uns selbst beobachten: kaum ist ein Arm
eingegipst, wird das Gelenk steif, die Muskulatur schrumpft, im Röntgenbild
sieht man nach wenigen Wochen schon eine Knochenentkalkung. Sogar die Haut wird
steif und unempfindlich. Es kostet Mühe und viel Training, den Arm wieder wie zuvor
bewegen zu lernen.
Ähnlich im Gehirn: Menschen, die ihr ganze Leben körperlich
und geistig tätig sind, die viel unternehmen, viel lesen, ihren Verstand
gebrauchen, bleiben meistens auch im Alter geistig vital und rüstig. Wer nie
Körper und Hirn trainiert, wird rasch geistig stumpf.
Unser inneres Programm
heißt: Was der Körper braucht, baut er auf. Alles, was er nicht braucht, baut
er rigoros ab. Warum also sollte es mit den Knochen anders sein?
Wenn man den
anatomischen Aufbau des Knochens z.B. mit dem berühmten Eiffelturm in Paris
vergleicht, zeigt sich, daß beide viele Gemeinsamkeiten haben. Der Eiffelturm
in Paris ist durch seine vielen Querverstrebungen ungeheuer stabil bei
erhaltener Elastizität. Würde man ihm die Querverstrebungen abbauen und die
selbe Menge Metall zur Verstärkung der Grundpfeiler verwenden, hätte er
vielleicht dasselbe Gewicht, aber nie mehr die alte Stabilität und Festigkeit.
Auch der Knochen erhält seine Festigkeit erst durch die zahllosen
Querverstrebungen. Wenn durch knochenabbauende Zellen (Osteoklasten) erst einmal
Querverstrebungen abgebaut sind, fehlen für einen späteren Wiederaufbau die
Leitschienen.
Orginalbild
Knochen
Computersimulation zunehmender Osteoporose
(Bild entnommen der "Ärztezeitung")
Therapie einer bereits eingetretenen Osteoporose durch den Arzt
bedeutet also, die noch vorhandenen Querbälkchen zu stabilisieren und zu stärken.
Eine entsprechende Diagnostik (Knochendichtemessung) sollte vorausgehen. Die frühere Stabilität aber wird nie wieder
erreicht!
Daraus ergibt sich: Osteoporose muß so früh wie möglich therapiert werden, um
so viele Querverstrebungen wie möglich zu erhalten.
Es ist also wirklich nicht
besonders überraschend, daß folgende Empfehlungen, Ergebnisse sehr
ausgedehnter Untersuchungen, als sehr wichtig zur Osteoporoseverhütung/-behandlung
bezeichnet werden:
Tägliches Spazierengehen, wandern
Zumindest 15 Minuten
Sonnenlicht, auch auf dem Balkon
Bei Schreibtischtätern regelmäßiges
Krafttraining
Bei Größenminderung frühestzeitige Behandlung
zusammen mit
dem Arzt
Früchte und Gemüse in jeder Form.
Eiweiß in leicht verdaulicher
Form, bevorzugt Milch, Milchprodukte, bei Unverträglichkeirt Sojaprodukte, z.B
Hartkäse, Tofu. Aber auch Fisch und Fleisch.
Seltener phosphathaltige
Nahrungsmittel (Wurst, Nougatcremes, alle Cola-Getränke)
Im Winter täglich 1
Löffel Lebertran (für empfindliche Zungen: Lebertrankapseln Pohl).
Eine Bitte:
Vitamin D in Tablettenform nie ohne Verschreibung des Arztes!
Fallneigung
reduzieren durch gute Sichtkorrektur (Brille reduziert die Fallneigung)
Fallneigung reduzieren durch tägliches
Balancieren, 10 Sekunden abwechselnd einbeinig auf dem rechten und auf dem
linken Fuß stehend!
Vorsicht mit Beruhigungsmitteln (sie erhöhen die Fallneigung)
Tun Sie also was
für Ihre Knochen: tägliche Bewegung, gut ausgesuchtes Essen ist die beste
Medizin!
Artgerechte Haltung fängt beim artgemäßen
Futter an. Das bedeutet für uns:
Jeden Tag reichlich essen: Als
Hauptnahrungsmittel Gemüse und Früchte (neudeutsch "five a
day", 5mal am Tag) Auch Fisch (Lachs, Hering, Makrele), fettarmes
Fleisch und fettarme Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse. Öle statt
Hartfett. Zum Braten und Backen Olivenöl. Für Salate Olivenöl, Rapsöl,
Walnußöl
Jeden Tag etwas essen: Grobes, dunkles
Vollkornbrot, auch Spagetti, Pasta, Reis
Nur ab und zu essen: Süßigkeiten, Produkte
aus feingemahlenem Mehl, Kartoffeln
Bitte sprechen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben.